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Gemeinsame Erklärung: Hände weg von Memorial!

 

Memorial ist die älteste und größte Menschenrechts-Organisation in Russland mit Ablegern in vielen russischen Regionen. Gestern Abend (14. Oktober) zeigte Memorial Moskau den eindrücklichen Holodomor-Film „Mr. Jones“ der polnischen Regisseurin Agnieszka Holland, der auch auf der „Berlinale“ aufgeführt wurde.

Die Filmvorführung wurde durch einen Pulk von etwa 30 militanten „Patrioten“ gesprengt. Die Aktion wurde vom Fernsehsender NTV begleitet. Daraufhin riefen die Verantwortlichen von Memorial die Polizei, die nach 15 Minuten erschien, flankiert von Mitgliedern der Nationalgarde und einer Spezialeinheit zur Bekämpfung des Extremismus.

Allerdings verkehrte sich die Situation rasch in ihr Gegenteil: Memorial wurde wie ein Beschuldigter behandelt. Die Personalien der Veranstaltungs-Besucher wurden aufgenommen, niemand durfte das Gebäude betreten oder verlassen. Memorial verweigerte der Polizei die Durchsuchung von Computern und Büroräumen. Nachdem endlich zwei Anwälte Zutritt erhielten und unabhängige Medien breit über die Ereignisse berichteten, wurde der Polizeieinsatz nach sechs Stunden beendet. Ein PC wurde beschlagnahmt.

Wir werten diese Aktion als massiven Angriff auf die Meinungs- und Informationsfreiheit und ernste Gefahr für die Arbeit von Memorial. Sie steht in einer ganzen Reihe von Repressalien gegen unabhängige NGO’s und kritische Medien, die sich in den letzten Monaten noch einmal verschärft haben.

Wir fordern die russischen Behörden auf, keinerlei Maßnahmen gegen Memorial wegen der Filmveranstaltung zu ergreifen. Es muss möglich sein, eine offene und kritische Diskussion über Stalins Hungerpolitik gegenüber der Ukraine zu führen.

Gleichzeitig fordern wir die Einleitung von Ermittlungsverfahren gegen die Teilnehmer der militanten Störaktion und ein Ende der Einschüchterungsmanöver gegenüber Memorial und seinen Mitarbeiter/innen.

Wir bitten die Bundesregierung, diesen Vorfall zu verurteilen und sich klar und deutlich vor Memorial zu stellen.

 

Berlin, den 15.10. 2021


Unterzeichner/innen

Marieluise Beck, Zentrum Liberale Moderne

Franziska Brantner, MdB

Sabine Erdmann, Memorial Deutschland

Uta Gerlant, Historikerin

Peter Franck, Amnesty International

Sabine Fischer, Senior Fellow, Stiftung Wissenschaft und Politik

Ralf Fücks, Zentrum Liberale Moderne

Gabriele Freitag, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO)

Rebecca Harms, ehemaliges Mitglied des Europäischen Parlaments

Stefan Melle, Deutsch-Russischer Austausch

Tobias Münchmeyer, Caucasus Nature Fund

Ruprecht Polenz, Präsident der deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO)

Stefanie Schiffer, European Exchange

Jens Siegert, Publizist, Moskau

Ellen Ueberschaer, Heinrich Böll-Stiftung

Johann Wadephul, MdB

Dr. Anna Veronika Wendland, Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung, Mitglied der Deutsch-Ukrainischen Historikerkommission

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